Ob heißer Sommer mit Niedrigwasser im Jahr 2020, Pandemie oder Hochwasser im Juli 2021 – die Trinkwasserversorgung in unseren Versorgungsgebieten war stets sichergestellt.
Dafür haben die 18 Mitgliedsunternehmen der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) auch im letzten Jahr gesorgt. 4,6 Millionen Menschen, Gewerbe und Industrie an der Ruhr wurden verlässlich mit jährlich insgesamt mehr als 240 Millionen Kubikmeter Trinkwasser bester Qualität versorgt.
Die zwei Seiten des Klimawandels – Herausforderungen für die Wasserversorgung
Das Hauptanliegen der AWWR im zurückliegenden Berichtszeitraum war erneut das Niedrigwassermanagement der Ruhr. Die Ruhr ist für die Trinkwasserversorgung dieser Region alternativloser Rohwasserspender. Die Talsperren des Ruhrverbands wiederum sind für die Ruhr unverzichtbare Vorlieferanten, die neben dem Hochwasserschutz überlebenswichtigen Speicherraum zur Überbrückung von Trockenphasen vorhalten. Aus ihnen speist sich der Fluss, der andernfalls auch schon ohne Klimawandel im Sommer trockenfallen würde.
Die Ruhrwasserwerke beschäftigen sich seit 2018 intensiv mit dem Thema Klimawandel an der Ruhr. Die extremen Dürrephasen der letzten drei Jahren haben die Talsperren auf eine harte Bewährungsprobe gestellt und gezeigt, dass eine größere Flexibilität bei deren Bewirtschaftung von Nöten ist. „Mehreren vom Ruhrverband angestrengten Sondergenehmigungsverfahren zur Abflussreduzierung war es zu verdanken, dass die vergangenen Trockenjahre sicher aus dem Reservoir der Talsperren überbrückt werden konnten“, fasst Roland Rüther, Vorsitzender der AWWR, die Situation zusammen.
Von daher engagiert sich die AWWR gemeinsam mit dem Ruhrverband und den zuständigen Genehmigungsbehörden intensiv für eine Anpassung des Niedrigwassermanagements der Ruhr an die durch den Klimawandel entstandenen neuen Bedingungen. „Im Ergebnis bedeutet dies eine Verringerung der Mindestabgaben aus den Talsperren in Niedrigwasserzeiten, in denen eine Zuschusspflicht aus den Talsperren besteht. Aus unserer Sicht stellt dies in dem hier gebotenen Ausmaß keine Gefährdung der Gewässerökologie dar. Im Gegenteil: Flora, Fauna und Habitat profitieren davon, wenn Fluss und Talsperren auch in anhaltender Dürre dank angepasster Speicherraumbewirtschaftung nicht trockenfallen“, so Rüther weiter.
Eine angestrebte Anpassung des Ruhrverbandsgesetzes mit neuen zukunftsfähigen und versorgungssicheren Niedrigwasserabflüssen ist zur Sicherstellung der Daseinsvorsorge dringend erforderlich und sollte möglichst noch in diesem Jahr umgesetzt werden.
Im Juli 2021 ereignete sich u. a. in Teilen der Ruhrregion ein extremes Hochwasser, das uns mit katastrophaler Macht die andere Seite des Klimawandels vor Augen führte. Viele Ruhrwasserwerke und auch die Ruhr selbst und ihre Nebenflüsse wurden hart getroffen. Schadstoffe aus überspülten Betrieben, Straßen und Kellern sowie dem Gewässerumfeld strapazierten die Gewässer stark. Positive Nachrichten gibt es dennoch zu vermelden: Dort, wo es kurzfristig zu Einschränkungen in den Wasserwerken kam, wurde mit Hilfe bestehender Besicherungen umgehend für Ersatz gesorgt. Doch trotz der im Einzelfall großen Auswirkungen konnte die Trinkwasserversorgung aus den Ruhrwasserwerken aufgrund der sicheren Aufbereitungsanlagen zu jeder Zeit gewährleistet werden.“
Nachhaltigkeit in den Ruhrwasserwerken
Für die Wasserwerke an der Ruhr bleibt es ein gemeinschaftliches Daueranliegen, den eigenen – wenn auch geringen – CO2-Fußabdruck weiterhin nachhaltig zu verkleinern und ökologische Verbesserungen in ihren Werken umzusetzen. Dies betrifft vor allem das Energiemanagement. Die größten Einsparpotenziale, beispielsweise bei der Pumpeneffizienz, wurden nahezu ausgeschöpft. Im weiteren Schritt geht es darum, den Strombedarf in den Wasserwerken in noch größerem Umfang aus erneuerbaren Energien selbst zu erzeugen.
Bei Wasserkraft bestehen keine weiteren Möglichkeiten, die Energiegewinnung zu maximieren. Windkraft scheidet in der Regel aufgrund gesetzlich geforderter Mindestabstände zur örtlichen Bebauung aus. Daher ist ein weiterer Ausbau von Photovoltaik-Anlagen, kurz PV-Anlagen, das zukunftsfähige Mittel der Wahl. In den Wasserwerken existieren bereits PV-Anlagen auf den Dachflächen der Betriebsgebäude mit einer Gesamtleistung von rund 500 kWpeak. Dies wird in Zukunft weiter ausgebaut werden. Im Einklang mit dem Gewässerschutz wird ergänzend angestrebt, in den kommenden Jahren selbstbetriebene Freiflächen-PV-Anlagen mit einer Leistung von rund 15.000 kWpeak zu errichten und zu betreiben.
Auch beim Thema Außenbeleuchtung in Wasserwerken gibt es Möglichkeiten zu mehr Nachhaltigkeit. Dabei dürfen die unverzichtbare Ausleuchtung von Verkehrswegen und Arbeitsbereichen selbstredend keine Einschränkungen erfahren. Dennoch sehen die Wasserwerke hier Luft nach oben sowohl bezüglich der CO2-Einsparung als auch bei der Verringerung von Lichtverschmutzung – ein höchst aktuelles Thema auch für den Artenschutz.
Die Umstellung auf LED-Lampen ist in vielen Wasserwerken früh umgesetzt worden. Diese Beleuchtungsart ist noch weiter optimierbar. Mittels Auswahl des Farbspektrums und Dimmung sowie durch intelligente jahreszeitlich abhängige Einschaltzeiten wird das Licht weniger grell und störend (sehr zum Gefallen nachtaktiver Tiere) und nur dann und so viel genutzt wie wirklich benötigt.
Im Wasserwerk Hengstey der Mark-E AG wurden diese Optimierungsmöglichkeiten schon umgesetzt und gleichzeitig jährlich 14.000 Kilowattstunden Strom und 4.760 kg Kohlendioxid eingespart, ohne eine Komforteinschränkung bei der Beleuchtung hinnehmen zu müssen. Die Tierwelt profitiert gleichermaßen davon. Das positive Beispiel soll innerhalb der AWWR Schule machen und in weiteren Wasserwerken zum Einsatz kommen.
Ein bedeutender Nachhaltigkeits- und Qualitätsbaustein ist der in 2011 begonnene Prozess der Errichtung Weitergehender Aufbereitungsanlagen (WAA), der innerhalb der AWWR erfolgreich weitergeführt worden ist. In diesem Jahr sind in zwei weiteren Wasserwerken die neuen Anlagen in Betrieb gegangen. Hierzu gehört das Wasserwerk Hengstey der Mark-E AG mit einem Investitionsvolumen von ca. 16,75 Millionen Euro und das Wasserwerk Westhofen der Wasserwerke Westfalen GmbH, deren WAA rund 24 Millionen Euro gekostet hat.
Mit den beschriebenen Baumaßnahmen zur Erweiterung der Aufbereitungsschritte in diesen beiden Wasserwerken sind die AWWR-Mitgliedsunternehmen dem gemeinsam mit dem Umweltministerium gesteckten Ziel ein weiteres Stück nähergekommen, nach dem Vorsorgeprinzip eventuell auftretende Stoffe – noch besser als bisher – im Rahmen der Trinkwasseraufbereitung zu entfernen.
BU: Roland Rüther, Vorsitzender der AWWR (l.) und Prof. Norbert Jardin, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands bei der Vorstellung des Ruhrgüteberichts 2020. © Ruhrverband