Die Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) ist ein freiwilliger Zusammenschluss von 18 Wasserversorgungsunternehmen an der Ruhr von ihrer Quelle in Winterberg bis zur Mündung in den Rhein. Ihre Mitgliedsunternehmen versorgen insgesamt rund 4,5 Millionen Menschen, Gewerbe und Industrie im Ruhreinzugsgebiet mit Trinkwasser bester Güte - im letzten Jahr mit insgesamt 244 Mio. m³.
Die AWWR steht als Interessensvertretung für eine mengenmäßig stets ausreichende sowie qualitativ einwandfreie Trinkwassererzeugung im Ruhreinzugsgebiet und kümmert sich von daher vorrangig um den vorsorgenden Gewässerschutz, u. a. durch ein eigenes umfängliches Spurenstoff-Monitoring.
Niedrigwassersituation in Zeiten des Klimawandels
Die Niedrigwassersituation in Verbindung mit dem hohen Trinkwasserbedarf hat in 2019 erneut große Anforderungen an die Wasserversorgungsunternehmen gestellt. Die Wasserabgabe im Jahr 2019 ist im Vergleich zu 2018 um weitere 6 Mio. m³ auf 244 Mio. m³ gestiegen. „Die Rekord-Förderzahlen in 2017 und 2018 wurden somit noch übertroffen und der Trinkwasserbedarf ist weiterhin angestiegen“, resümiert der stellvertretende Vorsitzende der AWWR, Robert Dietrich, die aktuelle Situation. „Angesichts dieser Entwicklung müssen wir uns die Frage stellen, wie wir uns diesen Herausforderungen in Zukunft am besten stellen“, so Dietrich weiter.
Weder in den letzten drei Rekordjahren noch im laufenden Jahr ist es im AWWR-Gebiet im Gegensatz zu einigen anderen Regionen Deutschlands zu Engpässen in der Trinkwasserversorgung gekommen. Das ist sowohl dem hohen Engagement der Wasserversorgungsunternehmen, als auch maßgeblich dem Niedrigwassermanagement des Ruhrverbands zur Schonung der Stauinhalte der Talsperren zu verdanken. Insbesondere während der längeren Trocken- und Hitzeperioden ist es wichtig, dass die Talsperren die Ruhr speisen, da diese sonst trockenfallen und kein Rohwasser für die Trinkwasserproduktion mehr führen würde.
Aber auch den Kapazitäten der Talsperren sind Grenzen gesetzt und die festgeschriebenen Mindestabflüsse der Ruhr an den Pegeln Villigst und Hattingen sind angesichts der klimatischen Veränderungen und den damit einhergehenden Trinkwasser-Höchstfördermengen nicht mehr zeitgemäß und zu unflexibel. „Um klimaresilient aufgestellt zu sein, benötigt der Ruhrverband einen größeren Handlungsspielraum zur schonenden Bewirtschaftung der Talsperren als das Ruhrverbandsgesetz momentan hergibt“, legt Dietrich eines der Hauptanliegen der AWWR und ihrer Mitgliedsunternehmen dar. (s. a. Kapitel 17, Auswirkungen von Trockenperioden auf die Wasserversorgung, Ruhrgütebericht 2019)
Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung
Der aus der Niedrigwassersituation der letzten Jahre und den Auswirkungen des Klimawandels resultierende Handlungsbedarf ist auch in der Politik angekommen. Ergebnis des „nationalen Wasserdialogs“ des Bundesumweltministeriums, an dem auch Expertinnen und Experten aus den Reihen der AWWR-Mitgliedsunternehmen beteiligt waren, ist u. a., dass angesichts der Konkurrenz mit Landwirtschaft und Industrie bei den Wasserentnahmen in Dürrezeiten die Priorität der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser geregelt werden soll.
Auf Landesebene ist man schon weiter: Im Entwurf des neuen Landeswassergesetzes NRW ist der Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung, der bislang nur für das Grundwasser bestand, auch auf das Oberflächenwasser ausgedehnt worden. „Das ist aus Sicht der Trinkwasserversorger nach den Erfahrungen der letzten Jahre mit Niedrigwasser der absolut notwendige Schritt in die richtige Richtung“, befürwortet Dietrich diese Entwicklung nachdrücklich.
Wasserwende / Vorteile von Wasser aus dem Hahn
Auch in die richtige Richtung gehen Endverbraucher und Initiativen, die den wahren Wert des kühlen Nass aus dem Hahn als Trinkwasser erkannt haben. Denn de facto ist dieses Trinkwasser in Deutschland das bestkontrollierte Lebensmittel, an das durch die Trinkwasserverordnung die strengsten Anforderungen gestellt werden. Von daher ist die hohe Qualität garantiert. Aber es gibt noch eine Menge anderer Vorteile, mit denen das Trinkwasser aus dem Hahn punktet:
Zuerst einmal ist es gesund und kalorienarm im Gegensatz zu vielen anderen Getränken. Dann besticht es natürlich durch seinen Preis. Hier erwirbt der Verbraucher 1 m³ (1.000 l) zum ungefähren Preis eines Kastens Wasser aus dem Supermarkt. Weiterhin bekommt er es jederzeit frei Haus geliefert. Er muss lediglich den Wasserhahn aufdrehen, sonst nichts! Aber auch die umwelt- und klimafreundlichen Aspekte wie die Vermeidung von Plastikmüll sowie die Einsparung von CO2 überzeugen mittlerweile viele Verbraucher.
Preis und Umweltschutzfaktorennehmen auch einige Organisationen schon länger zum Anlass, in Projekten zur sogenannten „Wasserwende“ auf die Vorteile von Trinkwasser hinzuweisen, wie beispielsweise die vom Bundesumweltministerium unterstütze Stiftung „a tip: tap e.V.“, die auch von AWWR-Mitgliedsunternehmen mitgetragen wird. (s. a. Kapitel 18, Wasserwende, RGB 2019)
Einfluss von Grubenwässern für die Ruhr
Ende 2018 wurde der aktive Steinkohlenbergbau im Ruhrrevier endgültig eingestellt. Dies ist der Beginn der sogenannten Nachbergbauzeit, einer Wende, in der die Ruhrkohle AG die Grubenwasserhebung aus den tiefen Schächten der ehemaligen Bergwerke umstellt. Die Wasserhaltung im Schachtbergbau wird von der Menge her reduziert und auf wenige Standorte konzentriert. Sie wird für die Ewigkeit von Nöten sein. Als Konsequenz wird das Grubenwasser bis auf festgelegte Tiefen unter Gelände ansteigen.
Die AWWR ist als Betroffene direkt in das wasserrechtliche Zulassungsverfahren und in den im Januar 2020 begonnenen Monitoring-Prozess eingebunden. Die bisherige Grubenwassereinleitung aus den Schächten in die Ruhr soll von 25 Mio. m³/a nunmehr auf 40 Mio. m³/a erhöht werden. Das würde für die Ruhr in jedem Fall eine Verschlechterung des Rohwassers bedeuten. „Wir werden uns die Planung und die daraus resultierende Folgen noch genauer ansehen, warnen aber jetzt schon vor möglichen negativen Folgen für die Ruhrwasserqualität“, erklärt Ulrich Peterwitz, Geschäftsführer der AWWR, das weitere Vorgehen.
Ob die zukünftige Wasserhaltung der RAG sich auch indirekt auf die Erbstollenwässer auswirken wird, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bewertbar. „Wie wir wissen, hängt unter Tage alles mit allem zusammen. Angesichts der anstehenden Wende stellt sich für die AWWR somit auch die Frage: Wird sich die Einleitung aus den Erbstollen unter den neuen Randbedingungen in Zukunft verändern“, so Peterwitz weiter.
Die aktuellen AWWR-Untersuchungen zu den Erbstollen liefern Ergebnisse, anhand derer mögliche zukünftige Auswirkungen der RAG-Aktivitäten für die Ruhr erkennbar wären. Untersucht wurden die Einleitmengen und Wasserinhaltsstoffe an sechs Erbstollen an vier über ein gesamtes Jahr verteilten Probenahmetagen. Die Ergebnisse enthielten erfreulicherweise keine negativen Überraschungen. Erhöhte Werte treten alleinig auf bei harmlosen Stoffen und Parametern wie Eisen, Mangan, Sulfat, Leitfähigkeit und pH-Wert (s. a. Kapitel 19, Untersuchungen der Grubenwasserqualität , RGB 2019). Die Messwerte belegen somit, dass von den Erbstollen keine Beeinträchtigung oder gar Gefährdung des Trinkwassers ausgeht. Daran soll sich – so der Wunsch der AWWR – auch in Zukunft nichts ändern.
BU: Robert Dietrich (r.), Stellvertretender Vorsitzender der AWWR und Prof. Norbert Jardin (l.), Vorstand Technik des Ruhrverbands bei der Vorstellung des Ruhrgüteberichts 2019. Foto: Ruhrverband